Osteria Numero Uno. Wien 7. Ein Lukas macht noch keinen Italiener. Pasta!

September 10, 2011 § Hinterlasse einen Kommentar

Nicht der Besuch eines italienischen Restaurants war es, der mich zum Abend in der „Osteria numero uno“ motivierte. Vielmehr reizten die Herausforderungen, einen Tisch zu bekommen – man vertraut dort auf viele (alternde) Stammgäste – die familiäre Atmosphäre des überschaubaren, nicht zu sagen winzigen Lokals mit 20 Plätzen sowie das Nicht-Essen à la carte. Ansonsten war über das Restaurant in meinen Vor-Recherchen nicht viel zu finden – es lebe die Mundpropaganda!

Wenn man die Osteria betritt, fühlt man sich zunächst einmal wie in einem großen, nicht gerade besonders geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer. Alles, von dem man glaubt, es habe auch nur Ansatzweise mit unserem Lieblings-Urlaubsland gen Süden zu tun wurde irgendwie an die pseudo-rustikale Wand geheftet.

Die Begrüßung hätte herzlich sein können, fiel jedoch ein wenig ungestüm aus, obwohl diesmal nur drei der insgesamt fünf Leute fünf Minuten zu spät kamen (und dies auch nur deshalb, weil man extrem kurzfristig aus einer ursprünglichen Runde von vier, dann doch noch fünf Musketiere machte).
Die übliche Frage nach dem Aperitif lässt auf Gutes hoffen – empfohlen wird Prosecco mit Himbeersturm. Dass die Sturmzeit noch nicht begonnen hat, überhören wir einmal dezent. Und genießen unseren ansonsten exzellenten Appetitmacher, den ich so bis dato auch noch nicht serviert bekomen hatte.

Man muss wissen, in der „Osteria numero uno“ gibt es keine Karte. Man isst, was auf den Tisch kommt und die Saisonküche zu bieten hat. Es gibt mehrere Gänge und davon zum Teil ein paar Variationen. Die Wahl hat man schlussendlich bei der Anzahl der Gänge und – bis zu einem geringen Grad – bei deren Ausgestaltung. Zum besseren Verständnis lese man nachfolgende Zeilen.

Relativ schnell wird der erste Gang serviert. Selbstgemachtes Bruschetta. Was daran selbstgemacht war, ist mir heute noch ein Rätsel. Das Brot eventuell? Geschmeckt hat es nicht so. Ausgesehen auch nicht. Was der generellen Qualität und der offensichtlichen Liebe, mit der es zubereitet wurde, keinen Abbruch tun soll. Trotzdem: Bruschetta bleibt Bruschetta. Und wenn man noch so viel hochqualitatives Olivenöl darübergießt.

Auf den zweiten Antipasti-Gang warten wir schon länger. Zwischendurch frage ich Lukas, den Maître, Koch und Besitzer des Hauses vorsichtig nach eventueller Weinbegleitung. Manchmal habe ich das Gefühl, als junge Frau wird man hier nicht ganz so ernst genommen. Vor allem wenn es um edle Tropfen Alkohol geht. Es gibt Hauswein – Chardonnay vom Gardasee –  der auch empfohlen wird. Ein Pluspunkt für ein österreichisches Restaurant. Vor allem, wenn er so anregend schmeckt wie der Weiße im „numero uno“.

Der zweite Vorspeisengang wird auf einer großen Platte in der Mitte des Tisches serviert. Auf Nachfrage werden uns präsentiert: Reissalat, Zucchini mit Oregano, Champignons mit Cognac., Melanzani mit Büffelmozzarella. Achja – und den Antipasto ganz rechts konnte sich keiner der fünf am Tisch Anwesenden merken. Identifizierbar war er auch nicht. So wie die Platte aussah, schmeckten die einzelnen Komponenten auch. Passabel. Der original italienische Touch fehlte allemal.

Leicht verstörend war auch das erste Abservieren. Wurden wir nicht tatsächlich darum geben, das Besteck zu behalten. Mit der fadenscheinigen Begründung, man wolle die Umwelt nicht unnötig belasten. Was ein netter Gedanke wäre, hätte ich ihn geglaubt. Abgesehen davon: Wir sind in einem Restaurant. Der falsche Ort, um beim Geschirrspüler zu sparen.

Der schon verloren geglaubte italienische Touch kam beim nächsten Gang. Pasta! Und diese gleich in zweifacher Ausführung: Einmal hausgemachte Pappardelle mit Eierschwammerl. Sowie Spaghetti mit Thunfisch, Sardellen und Kapern. Auch fleischhältige Pasta wäre zur Wahl gestanden, auf diese hatten wir jedoch einstimmig verzichtet. Nun endlich lachte mein verkanntes Italienerherz: Besser, gekonnter und abgeschmeckter bekommt man Pasta wohl auch in bella Italia nicht. Warum nicht gleich darauf spezialisieren?

Für den nächsten Gang haben wir uns für Fisch entschieden. Das ganze Programm, dass der Tag zu bieten hatte: Garnelen, Pulpo und Branzino. Sie alle haben sich auf den weiten Weg vom Naschmarkt in die “ Osteria numero uno“ gemacht. Und mich zu der Frage geführt, ob man nicht auch effizienter einkaufen kann.

Die Entscheidung für den Gang selbst war ja relativ schnell gefallen. Bis zum eigentlich Hauptgang wurden wir jedoch auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Dazu muss man wissen, dass ich ein absoluter Anhänger von Slow Food bin. Genieße langsam und lasse die Gänge zwischen denselben Revue passieren. Nichts ist schlimmer, wenn der erste Gang serviert wird, bevor der Aperitiv ausgetrunken ist. ABER – das war auch mir zu lang. Vor allem, wenn man offensichtlich erkennt, dass man das Timing einfach nicht mehr im Griff hat. Der Chef des Hauses lieber bei Stammgästen steht, als in der Küche. Familienbetrieb gut und schönen aber gewisse Grundregeln der Gastronomie sollte man auch hier einhalten.
Was uns schlussendlich (zu viert!) ebenso auf einer Platte serviert wurde, sieht man unten. Fairerweise muss man festhalten, eine meiner Begleitungen hat betont, sie möchte „nur kosten“. Achja – und was ich noch viel interessanter fand: Ihr findet hier eine vollständige Foto-Dokumentation der Hauptspeise. Richtig, es wurde keine Beilage serviert. Ich vermute, sie war bereits aus. Dies wurde jedoch mit keinem Wort erwähnt. Auch wurde nicht versucht, sie zu ersetzen. Es ist ja nicht so, dass man in Zeiten wie diesen Schwierigkeiten hätte, Brot zu bekommen. Branzino und Garnelen waren qualitativ einwandfrei. Ein kurzes, da rares Vergnügen. Der Pulpo, für viele offenbar immer noch eine Herausforderung in der Küche, leider auch im „numero uno“ eher zäh und fest. In jedem Fall kein sensorischer Erguss am Gaumen. Leider. Auch bereut man nach dem Hauptgang, sich bei der Pasta verhaltene Probier-Portionen genehmigt zu haben. Denn diese war – das muss ich hier nocheinmal betonen – absolut sensationell. Vor allem von den Eierschwammerl-Pappardelle träume ich heute noch.

Nach dem „Haupt“-Gang ist es soweit: Lukas ist neugierig. Was uns wohl in sein Restaurant verschlagen hat? Und wer wir wohl sind? Was wir beruflich machen würden? Er tippe auf Anwälte. Sein klischeebehaftetes Vor-Urteilsvermögen macht ihn nicht gerade sympatischer (nichts gegen all die Anwählte da draussen. Es geht um das „wie“, nicht das „was“.) Nach einer kurzen Kennenlernphase erzählt Lukas die Geschichte seines Lokals (in der Kurzfassung könnte man meinen, es wäre seine einzige Idee gewesen, um seine Frau und sich selbst aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu befreien – mir fehlt die Leidenschaft!) und teilt mit uns seine Philosophie: Nur hochqualitative Lebensmittel, möglichst aus der Region, bio, etc., etc. Grundsätzlich absolut meine Wellenlänge. Leider kam es dazu, dass wir (der gesamte Tisch – tatsächlich Ernährungswissenschafter, Mediziner und langjährige Mitarbeiter in der Lebensmittelindustrie) uns irgendwie in eine Diskussion verwickelt haben. In der sich der gute Lukas vorwiegend auf vorgefertigte, oft gehörte, ebenso klischeehafte Parolen berufen hat, die eine Diskussion leider absolut uninteressant machten. Und den guten Lukas leider immer unglaubwürdiger. Wer von guten Lebensmitteln spricht sollte doch auch über gute Lebensmittel Bescheid wissen?!

Nun denn, wir retteten uns zum Dessert: Als wir die Wahl hatten, hatten wir keine mehr. Uns blieb Topfentorte mit eingelegten Bio-Kirschen. Ich sah es genau: Unsere Nachbartische genossen noch andere Köstlichkeiten. Macht nichts: Was aus ist, ist aus und auch die Topfentorte war ein Flaum-Traum.

Gespannt warten wir schlussendlich auf die Rechnung. Auch Transparenz ist nicht die Stärke der Ostaria. Bezüglich der Preise waren wir bis dato völlig in Unkenntnis gelassen worden. Allem in allem kamen wir auf 32,80€ pro Person für vier bis fünf relativ magere (ja – das stammt tatsächlich von mir) Gänge inkl. Aperitiv für das Essen. Die Hausweinbegleitung kommt auf nocheinmal 10€. Das Preis-Leistungs-Verhältnis scheint also (fast) wiederhergestellt.

Fazit: Geschmackssache. Weniger in Hinblick auf die tatsächlichen Gaumenfreuden, denn auf das Ambiente und vor allem die Gastgeber. Probieren geht wie immer über Studieren. Hierbei empfehle ich vor allem die Pasta, ausreichend Fisch und das Dessert. Auch die Hausweinbegleitung , der Chardonnay, kann sich sehen lassen. Allerdings muss man (als Frau?!) immer wieder extra danach verlangen.

Besucht am 28.07.2011

Kontakt: Burggasse 25, Tel: +43 1 526 03 57

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